Kulturkorrespondenz östliches Europa – Ausgabe 1447
Ausgabe Drittes Quartal 2025
Titelbild: Kurland – Geschichte und Erinnerung | KK – Kulturkorrespondenz östliches Europa Nr. 1447 – Ausgabe Drittes Quartal 2025

Editorial

Schlichte Holzhäuser mit schmal gerahmten Fenstern und witterungsgezeichneten Fassaden säumen das Kopfsteinpflaster. Anders als die mondänen Jugendstilbauten aus der Blütezeit der Hafen- und Kurstadt Libau/Liepāja erzählt die einfache Holzarchitektur vom Alltag der Fischer, Handwerker und Kleinbürger des Ortes im Westen Lettlands. Sie sind typische Beispiele für baltische Holzarchitektur, wie sie in Kurland bis heute vielerorts erhalten ist. Die Region im Nordosten Europas, ihre Vergangenheit und das Jetzt sind Thema der aktuellen KK: Kurland – Geschichte und Gegenwart haben wir die Ausgabe betitelt.

Es erwartet Sie ein lesenswerter Beitrag über die »kolonialen Träume« Kurlands in der Karibik von Martin Pabst, der im Kulturforum für die baltischen Länder zuständig ist. Alexander Welscher, Baltikum-Korrespondent der Deutschen Presseagentur (dpa) in Riga, beschreibt, wie einem einst deutschbaltischen Herrenhaus neues Leben eingehaucht wurde. Es ist zugleich eine Art Urlaubstipp, denn – so viel sei vorweggenommen – es geht um ein Hotel eines deutschen Betreibers. Aus Welschers Feder stammt auch das lesenswerte Portrait über einen besonderen Kulturvermittler zwischen Letten und Deutschen: Harro von Hirschheydt.

Abseits vom Schwerpunktthema sei der Text von Oliwia Drozdowicz, die im Frühjahr und Sommer Praktikantin im Kulturforum war, empfohlen. Sie hat Brücken an der heutigen deutsch-polnischen Grenze besucht und beschrieben. Das Interview dreht sich dann wieder um Kurland: Im Gespräch haben wir dieses Mal einen »Praktiker«: Bruno Rancis erzählt KK-Redakteur Markus Nowak von seinem Alltag als Stadtführer in Libau und dem Kulturerbe der Hafenstadt. Nowak ist auch Autor der Fotoreportage über eine kleine, recht unbekannte Minderheit in Kurland, die jedoch UNESCO-Schutzstatus hat. Auf der Welterbeliste dieser UN-Organisation steht seit 2023 auch das kleine kurländische Städtchen Goldingen/Kuldīga (die KK berichtete). KK-Redakteur Nowak hat hier eine besondere Werkstatt aufgesucht, in der die Bewohnerinnen und Bewohner ihre Türen und Fenster in Eigenarbeit restaurieren können.

Sicher fällt Ihnen auf, dass viele Fotos und Beiträge der vorliegenden Ausgabe von Markus Nowak stammen. Sie entstanden auf Recherchereisen, die unser Mitarbeiter immer wieder in den Nordosten Europas unternommen hat. Ein Resultat der Reisen und Recherchen ist der im Juli 2025 erschienene Reiseführer Baltikum im Reise-Know-How-Verlag, für den Nowak die Kapitel über Lettland und Litauen verfasst hat. Nach sechseinhalb Jahren verabschiedet er sich aus der Redaktion der KK. Er betreute schon 2019 den Relaunch des Magazins, recherchierte von Allenstein/Olsztyn bis Zuckmantel/Zlaté Hory, war auch für den Newsletter des Kulturforums zuständig und mehrfach Mitorganisator von Bildungsradreisen für Studierende durch das Memelland. 

Diese von Markus Nowak inhaltlich wie fotografisch stark geprägte KK-Ausgabe ist ein kleines Dankeschön an die Leserinnen und Leser, ein herzlicher Gruß und ein persönlicher Abschied. Wir wünschen ihm alles Gute – und Ihnen eine anregende Lektüre!

Ihr Deutsches Kulturforum östliches Europa

Inhalt


Im Fokus

Epochen I
Kurlands karibische Kolonialträume
Von Martin Pabst

Pinnwand

  • Provisorisches Denkmal für polnische Opfer
  • Europa-Nostra-Preis für ASTRA-Museum
  • Herzlichen Glückwunsch
  • Die historischen Pommern-Akten gehen nach Schwerin
  • Mit der Bahn zur Schneekoppe
  • Das Tor des Lagers Zgoda im polnischen Denkmalregister
  • Schloss und Burg in Krumau/Český Krumlov sollen höheren UNESCO-Schutz erhalten

Momente I
Von der Ruine zur reizvollen Residenz: das Gut Kukschen in Kurland

Von Alexander Welscher

Durch den Sucher
Eine »Lovestory« und ihre Folgen
von Markus Nowak

Der rote Faden
»Erst langsam wird das deutsche Erbe als Teil unserer Geschichte gesehen«
Interview mit Bruno Rancis, Stadtführer und Geschichtsvermittler in Libau/Liepāja 
Von Markus Nowak

Rezensionen

Familiengeschichte als Zeitgeschichte
Bernhard R. Kroener: Lebensscherben – Hoffnungsspuren. Eine Familie aus Schlesien in den Stürmen des 20. Jahrhunderts. Eine dokumentarische Erzählung
Von Dawid Smolorz

Verbunden mit Rand und Mitte
Iris Wolff: Einladung ins Ungewisse
Von Ingeborg Szöllösi

Klär das auf, Kisch!
Martin Becker, Tabea Soergel: Die Schatten von Prag. Kischs erster Fall
Von Vera Schneider

Wenn Geschichte lebendig wird: Vertriebenenschicksale im Hessenpark
Das Freilichtmuseum Hessenpark in Neu-Anspach im Taunus
Von Markus Nowak

Perspektiven
Patina statt Perfektion
In Goldingen erhalten Bürgerinnen und Bürger ihr historisches Erbe selbst

Von Markus Nowak

Hand aufs Herz, …
Caro Matzko!
im Gespräch mit der KK

Netzstücke

Epochen
Zeugen aus Stahl, Stein und Holz – Brücken an der deutsch-polnischen Grenze
Von Oliwia Drozdowicz

Hinweise

Oberschlesisches Landesmuseum | Ratingen
Oberschlesien für Kinder

Sudetendeutsches Museum | München
Erfindungen auf vier Rädern

Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung | Berlin
Flucht auf authentischen Fotos

Schlesisches Museum zu Görlitz
Schlesische Kunst und das Kriegsende

Haus der Heimat des Landes Baden-Württemberg | Stuttgart
Kulturelle Neubelebungen in der Schwäbischen Türkei

Portrait
Ein deutsch-baltisches Verlegerleben: Harro von Hirschheydt
Von Alexander Welscher

Fundstück
Ein echter Schatz geborgen
Von Renate Zöller