Richard Wagner wurde 1952 in Lowrin, im rumänischen Banat, geboren. Er studierte Rumänistik und Germanistik in Temeswar. Anschließend arbeitete er zunächst als Deutschlehrer und später als Journalist in Siebenbürgen – u.a. für die Wochenzeitung karpaten-rundschau. Er war Gründungsmitglied der Aktionsgruppe Banat, einer literarisch-politischen Autorengruppe, die 1975 vom rumänischen Geheimdienst aufgelöst wurde. Nach einem Arbeits- und Publikationsverbot emigrierte er nach West-Berlin.
Wagner hatte 1973 mit dem Gedichtbuch klartext debütiert, dem bis heute sechs weitere Lyrikbände folgten. In seinen Erzählungen, Romanen und seit den neunziger Jahren zunehmend in Essays setzt er sich mit den politischen Verhältnissen seines Heimatlandes, dem Schicksal der Rumäniendeutschen, dem Balkan, dem wiedervereinigten Deutschland und dessen Rolle im europäischen Kontext auseinander. Hier zeigt er sich als aufmerksamer und illusionsloser Beobachter, der so leidenschaftlich und einfühlsam wie lakonisch die Verbindungen zwischen Privatem und Politischem ausleuchtet und dabei melancholische, polemische und ironische Tönen verbindet.
Die autobiografisch gefärbte Erzählung ausreiseantrag (1988) verweist schon im Titel auf die Konsequenz aus dem Alltag in der kommunistischen Diktatur Rumäniens, die bis in die Tiefen der Psyche dringt, die Sprache okkupiert und missbraucht. Vergangenheit und Gegenwart verschränkt der Roman habseligkeiten (2004). Er erzählt eine rumäniendeutsche Familiengeschichte, die von zweihundert Jahren steten Umherziehens geprägt ist – ein »Heimatroman ohne Heimat«, wie Ralf Berhorst schrieb. Nach einer Reihe von Berlin-Romanen, die moderne Großstadtmenschen in ihrer Rastlosigkeit und Beziehungsunfähigkeit bzw. -unwilligkeit zeigen, wurde zuletzt Wagners Roman das reiche mädchen (2007) veröffentlicht. Er beschreibt eine Beziehung zwischen einer deutschen Wissenschaftlerin und einem serbischen Flüchtling, die an den Schuldgefühlen der Frau, deren Familie sich während des Nationalsozialismus bereichert hat, und an unüberbrückbaren kulturellen Differenzen scheitert.
Wagner nahm damit ein Thema aus seinem jüngsten Essayband, der deutsche horizont (2006), auf, in dem er argumentiert, dass die Überwindung der Vergangenheit eine Notwendigkeit darstelle: »Die Gefahren für Deutschland bestehen nicht in der Rückkehr seiner Vergangenheit, sie bestehen im Verfehlen der Gegenwart. … Wir müssen neu lernen, uns als Teil des europäischen Kulturkreises zu begreifen.«
Zu den zahlreichen Preisen des Autors zählen der Leonce-und-Lena-Preis, der Andreas-Gryphius-Preis, der Deutsche Sprachpreis und der Rom-Preis der Deutschen Akademie Villa Massimo. 2008 wurde Wagner mit dem Georg Dehio-Buchpreis ausgezeichnet, der ihm im Rahmen des achten internationalen literaturfestivals berlin überreicht wird. Er lebt in Berlin.
68 in Ost und West und die Freiheit jetzt | Podiumsdiskussion mit dem »Georg Dehio-Buchpreis«-Träger Richard Wagner sowie György Dalos und Thea Dorn | Moderation: Maike Albath
Weitere Informationen über den Autor auf den Internetseiten des Aufbau-Verlags
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