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Franz Xaver Gebel wurde 1787 in Fürstenau (heute polnisch Milin) bei Breslau geboren und erhielt seine musikalische Ausbildung wie viele seiner schlesischen Landsleute in Wien. Als seine Lehrer werden der Abbé Vogler und Johann Georg Albrechtsberger genannt. In Wien wirkte Gebel zunächst als Kapellmeister am Leopoldstädter Theater und veröffentlichte bereits einige Kompositionen im Druck, darunter auch die Große Sonate für Pianoforte und Violoncello. Nach verschiedenen Tätigkeiten als Kapellmeister in Wien, Pest, Hermannstadt und Lemberg gelangte er schließlich 1817 nach Moskau, wo er für den Rest seines Lebens blieb und als Privatlehrer Klavier- und Kompositionsunterricht gab.

Von Gebels Moskauer Kompositionen wurden in seinen letzten Lebensjahren sieben Streichquintette und ein Streichquartett in Moskau gedruckt. Außerdem erschien auch eine Kompositionslehre aus seiner Feder in russischer Übersetzung – das erste Lehrbuch der musikalischen Komposition in russischer Sprache! Eine umfassende Würdigung der Verdienste Gebels um die Moskauer Musikkultur finden wir in dem Nachruf eines anonymen Moskauer Korrespondenten in der Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung vom 23. Juni 1843.
Heute ist der Komponist allerdings in Russland wie anderswo weitgehend vergessen.

Streichquintett Nr. 8

Franz Xaver Gebels achtes Streichquintett in B-Dur wurde erst fast zwanzig Jahre nach dem Tode des Komponisten, im Jahre 1862 im Leipziger Verlag von Julius Schuberth gedruckt. Das Werk trägt in dieser Ausgabe die Opuszahl 27, was auch in der 1985 erfolgten Neuausgabe des Quintetts (hg. von Ernst Stöckl in der Edition Gravis) übernommen wurde. Die Opuszahl 27 war jedoch bereits vergeben. Schon in den 1840er Jahren war im Moskauer Verlag Almasow Gebels Es-Dur-Streichquartett als Opus 27 veröffentlicht worden. Dieser Quartett-Druck war offenbar dem Leipziger Verleger (ebenso wie den späteren Forschern) unbekannt, sodass er auf das siebente Quintett (Op. 26) folgend dem achten Quintett die Opuszahl 27 gab. Dies zur Erklärung dafür , dass Gebels wiederentdecktes Es-Dur-Quartett, das in der Profil Edition in der Aufnahme durch das Hoffmeister-Quartett erschien (PH15031), und das achte Streichquintett dieselbe Opuszahl 27 tragen.

Cellosonate Es-Dur

Im Jahre 1812, also zu der Zeit, als Gebel in Wien tätig war, erschien seine Sonate für Klavier und Violoncello im Druck unter dem Titel „Grand Sonate pour Pianoforte avec accompagnement d’un Violoncelle“. Die Formulierung „für Pianoforte mit Begleitung eines Violoncellos“ entspricht dem Usus der Wiener Klassik – denken wir an Mozarts Sonaten für Klavier und Violine, in denen die Violine tatsächlich gegenüber dem Klavier eine untergeordnete Rolle spielt, und an Beethovens Violin- und Violoncello-Sonaten, wo das jeweilige Streichinstrument sich zunehmend gegenüber dem dominierenden Klavier als Partner behauptet. Auch in Gebels Sonate, die zeitlich und räumlich in unmittelbarer Nachbarschaft zu Beethovens Cellosonaten entstand, dominiert das Klavier, das in virtuosem Figurenwerk und in dramatischen Akkordfolgen die klanglichen Möglichkeiten des damaligen Hammerflügels demonstriert.
In seiner Sonate stellt Gebel an beide Musiker recht hohe spieltechnische Ansprüche. Und auch hier orientiert er sich möglicherweise an seinem älteren Zeitgenossen und lebenslangen Vorbild Ludwig van Beethoven, dessen erste drei Cellosonaten Gebel höchstwahrscheinlich kannte. Hierfür spricht auch die Widmung der Sonate, die an Gebels schlesischen Landsmann Joseph Linke (1783–1837) adressiert ist. Linke, der als Cellist des Schuppanzigh-Quartetts mit Beethoven in engem Kontakt stand, stammte aus dem nur 15 Kilometer von Gebels Geburtsort Fürstenau entfernten Trachenberg (heute polnisch Żmigród). Als vier Jahre älterer Landsmann, der sich in der Musikwelt schon einen Namen gemacht hatte, war Linke für den jungen Gebel sicher ein wichtiger Ansprechpartner in Wien. Bekanntlich schrieb Beethoven für Joseph Linke seine späten Cellosonaten op. 102 im Jahr 1815, also drei Jahre nach der Veröffentlichung von Gebels Sonate.

 

Das Hoffmeister-Quartett wurde im Jahr 2002 mit dem Ziel gegründet, die Streichquartette der Klassik und Frühromantik in ihrer kaum erschlossenen Vielfalt wiederzuentdecken und im Klang ihrer Zeit aufzuführen. Benannt nach Franz Anton Hoffmeister, dem Zeitgenossen, Freund und Kollegen von Mozart und Haydn, nimmt das Ensemble neben berühmten Werken Haydns, Mozarts und Beethovens immer auch Streichquartette der zahlreichen weniger bekannten Meister ihrer Zeit in seine Programme auf.

In der Profil Edition Günter Hänssler erschien die vielbeachtete Gesamtaufnahme der zwölf Streichquartette des St. Petersburger »genialen Sonderlings« Anton Ferdinand Titz. Beteiligt war das Hoffmeister-Quartett auch bei der CD-Einspielung der Kammermusik E.T.A. Hoffmanns für die Profil-Edition.

Das Hoffmeister-Quartett<small>Foto: © Anke Illing, Berlin</small>

Am ersten Pult des Hoffmeister-Quartetts wechseln sich die in Hannover ansässigen Geiger Ulla Bundies und Christoph Heidemann ab, aus Berlin kommen die Bratschistin Aino Hildebrand und der Cellist Martin Seemann. Sie alle musizieren auch in renommierten deutschen Ensembles wie Akademie für Alte Musik Berlin, Cantus Cölln, Concerto Brandenburg, Concerto Köln, Lautten Compagney und Musica Alta Ripa. Konzertreisen führten das Hoffmeister-Quartett bisher nach Belgien und in die Niederlande, nach Polen, Russland und in die Ukraine sowie nach Japan.

In der Aufnahme des Streichquintetts von Franz Xaver Gebel wird das Hoffmeister-Quartett durch Martin Fritz am zweiten Violoncello verstärkt. Martin Fritz erhielt seine Ausbildung als Cellist in Hannover und London. Seit 2000 arbeitet er regelmäßig bei Concerto Köln, seit 2005 ist er Mitglied des London Fortepiano Trio und des Marcolini Quartett auf historischen Instrumenten.

Beni Araki und Martin Seemann<small>Foto: privat</small>

Beni Araki studierte Cembalo in Tokio sowie in Antwerpen bei Jos van Immerseel. Meisterkurse absolvierte sie bei Gustav Leonhardt und dem Organisten Luigi F. Tagliavini. Sie unterrichtet an der Universität der Künste Berlin und ist eine gefragte Kammermusikpartnerin. Als Pianistin des Trio Margaux spielte sie für die Profil Edition das Klaviertrio und eine Klaviersonate von E.T.A. Hoffmann auf CD ein. In der vorliegenden Aufnahme spielt sie eine von Robert A. Brown gefertigte Kopie nach dem ca. 1805 datierten Hammerflügel des Wiener Klavierbauers Michael Rosenberger.

Martin Seemann studierte Violoncello bei Wolfgang Boettcher in Berlin und als Stipendiat der Heinrich-Böll-Stiftung bei Ivan Monighetti in Basel. Angeregt durch Anner Bylsma verschrieb er sich schon während des Studiums dem Klang der Darmsaiten auf historischen Instrumenten. Er ist Solocellist der Barockorchester L’Arco und Concerto Brandenburg sowie Mitglied im Hoffmeister-Quartett und im Trio Margaux.

Franz Xaver Gebel (1787–1843): String Quintet No. 8 and Cello Sonata

World Premiere Recordings

 

Hoffmeister Quartet
Christoph Heinemann, violin
Ulla Bundies, violin
Aino Hildebrandt, viola
Martin Seemann, violincello
with Martin Fritz, violincello

String Quintet B-flat major (op. 27)

1 Allegro agitato 07:44
2 Adagio espressivo 06:21
3 Scherzo: Allegro 04:58
4 Finale: Andante, Allegro 08:40


Beni araki, fortepiano
Martin Seemann, violincello

Sonata for fortepiano and violincello E-flat major

5 Allegro 10:48
6 Romance: Adagio 07:15
7 Scherzo: Allegro moderato 04:40
8 Allegro ma non troppo

08:36

  Total Time: 59:12

Franz Xaver Gebel: String Quintets. Hoffmeister Quartet.
Aufnahme: 2015, Andreas-Kirche, Berlin-Wannsee. Aufnahmeproduzent und digitale Bearbeitung: Uwe Walter, Dipl.-Tonmeister VDT. Produziert vom Deutschen Kulturforum östliches Europa, Klaus Harer, in Kooperation mit Profil-Edition Günter Hänssler. Deutsch-englisches Booklet. Gesamtspielzeit 59:12
℗ 2015 by Deutsches Kulturforum östliches Europa
© 2016 by Profil Medien GmbH
15,00 €, Best.-Nr. PH16068

CD-Bestellung

Deutsches Kulturforum östliches Europa
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