Er war der Chronist des versunkenen Sarajevo und der Verfechter einer Welt des Dialogs: Zum Tod des bosnischen Autors Dževad Karahasan.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.05.2023

 Von Tilman Spreckelsen

[…]  Und als ihm vor knapp drei Jahren der Frankfurter Goethepreis verliehen wurde, sprach er samt davon, wie er als Siebzehnjähriger im »Wilhelm Meister« lernte, dass Lektüre keine einseitige Angelegenheit sei, sondern ein Angebot des Autors an den Leser zum Dialog. Folgt man ihm darin, dann fällt es nicht schwer, in einer Bibliothek, zumal in einer wie der Vijećnica, eine Art Agora zu erkennen, und in dem Stimmengewirr der Bücher die Organisationsform eines idealen Gemeinwesens, in der sich dasjenige durchsetzt, das argumentativ überzeugt, ohne dass die anderen Stimmen dadurch mundtot gemacht würden. Zugleich aber wird deutlich, dass gerade eine multiethnische Gesellschaft wie die der bosnischen Stadt vor ihrer Zerstörung nirgends so angreifbar ist wie in ihrem kulturellen Gedächtnis, an dem Ort also, wo die Dokumente der unterschiedlichen Sprachen, Religionen und Völker gesammelt werden. […]

Wie man der wahnsinnigen Kälte trotzt
Der gesamte Artikel in der Online-Ausgabe der F.A.Z.


Dževad Karahasan: Laudatio für Karl-Markus Gauß
Anlässlich der Verleihung des Georg Dehio-Buchpreises 2006