»Zeige der Welt lächelnd dein Gesicht«
Christel Wollmann-Fiedler stellt in Zagreb und Laibach/Ljubljana »Sonjas Tagebuch« vor

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Ein frühes und ein aktuelles Portraitfoto von Sonja Borus. Im Hintergrund: ihr Tagebuch im Original (links), die von der Familie in Druck gegebene Ausgabe als Geschenk zu Sonjas 85. Geburtstag (Mitte) und das Buchcover der deutschen Ausgabe (rechts)
alle Fotos: © Christel Wollmann-Fiedler

Die Fotografin und Journalistin Christel Wollmann-Fiedler stellt Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus Zagreb und Laibach/Ljubljana im Rahmen zweier Workshops das Schicksal eines 1927 in Berlin geborenen Mädchens vor, das sich mit einer Gruppe von 90 Kindern auf den Weg nach Palästina machte. Begleitet wurde die Gruppe u. a. von Recha Feier, Begründerin der Jugend-Alijah in Berlin-Charlottenburg, einer sozial engagierten Zionistin, die nach der Reichspogromnacht 1938 alles tat, um jüdische Kinder und Jugendliche vor Verhaftung, Misshandlung, Zwangsarbeit und vor Deportationen in Konzentrationslager zu bewahren. Recha war auch die Retterin der dreizehnjährigen Sonja Borus.

Auf der Flucht Richtung Palästina stellte sich heraus, dass 40 Kindern die Papiere fehlten – darunter auch Sonja. Sie mussten zurückbleiben – zunächst waren sie in Zagreb (Kroatien), später in Slowenien im Jagdschloss Hölzenegg/Lesno Brdo bei Laibach/Ljubljana. Lilli Lewin schenkte ihrer Freundin Sonja zu Chanukka 1941 in Hölzenegg ein Tagebuch – mit der Aufforderung, Sonja möge dem Tagebuch all ihre Gefühle und Gedanken, doch vor allem ihre Sehnsucht nach den Eltern anvertrauen. So begann Sonja am 17. Dezember 1941 mit ihren Eintragungen.

Sonjas erster Pass. Foto: © Christel Wollmann-FiedlerSonjas erster Pass. Foto: © Christel Wollmann-Fiedler

Sonjas Eltern, Beila und Abraham Borus, aus Galizien stammend, wollten der Armut entfliehen und erhofften sich für sich und ihre drei Kinder in der Großstadt Berlin eine bessere Zukunft. Doch nach der Machtergreifung Hitlers entpuppte sich Berlin für die Familie als Falle: Bereits im Herbst 1939 wurde der Vater als »feindlicher Ausländer« abgeholt und starb an Misshandlungen im Konzentrationslager Sachsenhausen. Der ältere Sohn Samuel Borus floh 1939 in den von den Sowjets besetzten Teil Polens und die Familien hörte nie wieder von ihm. Die Mutter Beila vertraute ihre Tochter Sonja der Jugend-Alijah von Recha Freier an – und blieb mit ihrem jüngeren Sohn Martin in Berlin, wo sie Zwangsarbeit bei Siemens verrichtete. Doch beide wurden deportiert und kamen in Auschwitz um.

Sonja ist die einzige Überlebende der Familie Borus. Sie hat als Schoschana Harari in jenem Kibbuz in Israel, in den sie nach einer gefahrvollen, angsterfüllten langen Flucht vor den Nazis kam, gelebt und ist dort am 16. Februar 2023, kurz vor ihrem 96. Geburtstag, verstorben. Ihre letzte Eintragung ins Tagebuch vom 18. August 1949 berichtet von der Ankunft in Ruhama. Dort hat Christel Wollmann-Fiedler Sonja einige Male besucht, interviewt und über ihr Schicksal in vielen journalistischen Beiträgen geschrieben.

Die Herausgabe von Sonjas Tagebuch verdankt sich den intensiven Forschungen und Studien des des 2021 verstorbenen Historikers Dr. Klaus Voigt.

Sonja Borus: Sonjas Tagebuch. Flucht und Alija in den Aufzeichnungen von Sonja Borus aus Berlin 1941-1946. Herausgegeben von Klaus Voigt, Metropol Verlag, Berlin 2014, Bibliothek der Erinnerung Band 24, 192 S., 19,- €
Das Buch ist auch in italienischer, slowenischer und hebräischer Sprache erschienen.

Kurzbiografie

Christel Wollmann-Fiedler, geboren in Untersuhl in Thüringen, aufgewachsen im Harz, Schulbesuch in Goslar, anschließend praktische fotografische Ausbildung in Braunschweig, Besuch der Fachschule für Fotografie und Grafik in Hamburg, seit 2003 als freie Fotografin und Journalistin in Berlin tätig. Schwerpunkt: Schwarz-Weiß-Fotografie und »Literarische Fotografie« (auf den Spuren von Dichtern und Schriftstellern), über 45 Fotoausstellungen; seit 2008 für deutschsprachige Zeitungen und Internetforen im Ausland aktiv – mit Artikeln, Rezensionen, Fotos, hauptsächlich über vergangenes jüdisches Leben; mehrfach Reisen auf jüdischen Spuren nach Czernowitz und Kiew; Besichtigung jüdischer Friedhöfe in den entlegensten Orten Europas; zahlreiche Reisen durch Israel, wo viele Interviews mit Überlebenden aus Transnistrien, Auschwitz und anderen Konzentrationslagern entstanden; viele Reisen durch Siebenbürgen, wo ebenfalls Begegnungen mit alten jüdischen Menschen stattfanden, aber auch mit Siebenbürger Sachsen, die u. a. über die Deportation im Januar 1945 in die Sowjetunion berichteten. Auch über diese Themen entstanden zahlreiche journalistische Beiträge. Weiteres unter: www.wollmann-fiedler.de


Ein Projekt des Deutschen Kulturforums östliches Europa in Zusammenarbeit mit dem Fünften Gymnasium Zagreb, dem Goethe-Institut in Kroatien, der Philosophischen Fakultät der Universität Laibach/Ljubljana – Abteilung für Germanistik mit Nederlandistik und Skandinavistik sowie dem Goethe-Institut in Laibach/Ljubljana.


Weiterer Termin

14. März 2023, 14:00 Uhr
Peta gimnazija Zagreb | Fünftes Gymnasium Zagreb
weitere Informationen

Datum Do, 16.03.2023
Zeit 09:00 Uhr
Eintritt Kostenfrei
Barrierefrei Ja
Goethe-Institut Laibach/Ljubljana

Goethe-Institut Laibach/Ljubljana
Mirje, 12 1000 Ljubljana, Slowenien Adresse mit Google Maps öffnen.

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