Mythos und Realität
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Die Geschichte der »Volksdeutschen« zählte bis 1989 zu den politischen Tabuthemen. Die seit 1990 verstärkt einsetzende Forschung zur Geschichte der Deutschen in Polen hat gezeigt, wie komplex und vielschichtig das Thema ist und wie unterschiedlich die Erfahrungen der »ethnischen Deutschen« waren, besonders während des Krieges und unmittelbar nach seinem Ende.

Der Band präsentiert die Ergebnisse einer internationalen Konferenz zu diesem Themenkomplex, die das Deutsche Historische Institut Warschau im April 2003 gemeinsam mit dem Haus für deutsch-polnische Zusammenarbeit in Gleiwitz organisiert hat. Dabei wurden die Verhältnisse in Polen, in der Tschechoslowakei und in Frankreich als unmittelbare Nachbarn Deutschlands, die jeweils in Grenzstreitigkeiten verwickelt waren und gleichzeitig eine starke deutsche Minderheit aufwiesen, untersucht und verglichen. Als sinnvolle Ergänzung, die gleichzeitig die Komplexität des Problems augenfällig werden lässt, erwiesen sich Studien über die Deutschen in Ungarn, in der Ukraine und in Rumänien.

Jerzy Kochanowski, Dr. hab., geb. 1960, Professor am Historischen Institut der Universität Warschau, war bis 2005 wissenschaftlicher Mitarbeiter am DHI Warschau.

Maike Sach, Dr. phil., geb. 1970, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am DHI Warschau.

Aus dem Inhalt:

I. EINFÜHRUNG

Ingo Haar: Vom »Volksgruppen-Paradigma« bis zum »Recht auf Heimat«: Exklusion und Inklusion als Deutungsmuster in den Diskursen über Zwangsmigrationen vor und nach 1945

Gerhard Wolf: Die deutschen Minderheiten in Polen als Instrument der expansiven Außenpolitik Berlins

II. DIE DEUTSCHEN MINDERHEITEN 1918-1939

Christiane Kohser-Spohn: Die Vertreibung der Deutschen aus dem Elsass 1918-1920

Winson W. Chu: Metropole der Minderheit: Die Deutschen in Lodz und Mittelpolen 1918–1939

Krisztián Ungváry: Die in Frage gestellte Assimilation. Zur Genese der »Deutschenfrage« in Ungarn in der Zwischenkriegszeit

Natalja Rublova: Die Deutschen in der sowjetischen Ukraine 1933-1939

Ota Konrád: Die deutschen Hochschullehrer in Prag vor und nach 1938/39. Versuch einer Bestandsaufnahme

III. DIE KRIEGSJAHRE 1939–1945

Isabel Heinemann: »Deutsches Blut«. Die Rasseexperten der SS und die Volksdeutschen

Rainer Schulze: »Der Führer ruft!« Zur Rückholung der Volksdeutschen aus dem Osten

Jean-Marc Dreyfus: Germanisierungspolitik im Elsass 1940–1945

Tatjana Tönsmeyer: »Das verspätete Erwachen« – Die Slowakeideutschen 1939–1945

Norbert Spannenberger: Zwischen Hakenkreuz und Stephanskrone. Der Volksbund der Deutschen in Ungarn 1938-1944

Volker Zimmermann: »Volksgenossen« erster und zweiter Klasse? Reichs- und Sudetendeutsche in Böhmen und Mähren 1938–1945

Ottmar Trasca: Rumäniendeutsche in Wehrmacht und Waffen-SS 1940–1944

IV. NACH 1945: KOLLEKTIVE VERANTWORTUNG, REHABILITIERUNG, AUSSIEDLUNG UND MYTHOS DER VOLKSDEUTSCHEN

Ágnes Tóth: Die kollektive Schuld. Zum Vorgehen gegen die deutsche Minderheit in Ungarn 1945–946

Jerzy Kochanowski: Verräter oder Mitbürger? Staat und Gesellschaft in Polen zum Problem der Volksdeutschen vor und nach 1945

Christof Morrissey: Die Karpatendeutschen aus der Slowakei. Kollektive Erinnerung und Integration in der Bundesrepublik Deutschland 1945–975

Eugeniusz Cezary Król: Das Bild des ethnischen Deutschen im polnischen Film nach dem Zweiten Weltkrieg

Stefan Zwicker: Zur Darstellung der Sudetendeutschen in Literatur, Publizistik und Film der Nachkriegszeit in der Tschechoslowakei und Deutschland

(Quelle: fibre Verlag)

Kochanowski, Jerzy: Sach, Maikeie »Volksdeutschen« in Polen, Frankreich, Ungarn und der Tschechoslowakei (= Einzelveröffentlichungen des DHI Warschau 12). 431 S. Osnabrück: fibre, 2006. € [D] 35,00. ISBN 3-929759-84-5.

Weitere Informationen auf der Website des fibre-Verlages

Die »Volksdeutschen« in Polen, Frankreich, Ungarn und der Tschechoslowakei (im Vergleich). Mythos und Realität
Eine Veranstaltung des Deutschen Historischen Institutes Warschau und des Hauses der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit, Gliwice/Gleiwitz