Ein Werbe-Wecker der Kreissparkasse in Landsberg an der Warthe/Gorzów Wielkopolski, eine über hundertjährige Kaffeekanne, eine Zuckerdose aus der Porzellan-Manufaktur Sorau/Żary oder alte Türschilder etwa aus Vietz/Witnica sind in einer Vitrine zu sehen, in der Ecke des Raumes steht ein Ziehwagen, auf dem eine junge Frau 1945 beim Fußmarsch aus Arnswalde/Choszczno ihr Hab und Gut über die Oder bis nach Rostock transportierte. Es sind Andenken an die versunkene Welt jener deutschen Ostprovinz, die in Deutschland eher unbekannt ist und an die die Dauerausstellung erinnert: das ehemals ostbrandenburgische Gebiet jenseits von Oder und Lausitzer Neiße – die Neumark.
Kulturkorrespondenz östliches Europa, № 1446 | Zweites Quartal 2025
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Blick in die Ausstellung. © Markus Nowak

Das Haus Brandenburg in Fürstenwalde beherbergt die Sammlungen eines großen Teils der 17 Heimatkreise sowie Schenkungen vieler Einzelspender. Die Stiftung Brandenburg wurde von der Landsmannschaft Ostbrandenburg/Neumark e.  V. 1974 gegründet. Die Ausstellung beginnt mit der Trockenlegung des Warthebruchs, die nach dem Siebenjährigen Krieg durch Friedrich II. angeordnet wurde. Zwischen 1763 und 1767 konnten so mehr als 95 000 Morgen urbares Land geschaffen werden, also fast 24 000 Hektar. Zu sehen sind historische Karten, die das verdeutlichen. In einer Ecke sticht die Hochzeitstracht von 1930 aus dem Kreis Krossen/Krosno Odrzańskie ins Auge, sie ist schwarz. In einer anderen Ecke steht der bereits erwähnte Handwagen mit einem Rucksack, der »seine« Vertreibungsgeschichte aus der Neumark erzählt. Das Thema Flucht und Vertreibung fehlt nicht, ebenso wenig die Thematisierung der vorangegangenen NS-Zeit. Aufschlussreich ist eine Vitrine zu Tourismus in der Neumark mit alten Werbebroschüren und Andenkentassen, immerhin lag die Region im erweiterten Hinterland von Berlin. 

Inhaltlich abgerundet wird die Ausstellung mit einem Blick in die Gegenwart und auf die polnische Perspektive, denn die Neumark gehört heute zur Woiwodschaft Lebuser Land (Województwo Lubuskie). Einen Teil der Präsentationsfläche nehmen Wanderausstellungen ein, zuletzt über den Industriellen und Politiker Max Bahr aus Landsberg an der Warthe. »Wir wollen die Neumark sichtbar machen und zeigen, dass wir hier auf einem wichtigen Kulturgut sitzen«, sagt Kathrin Hirthammer, die zurzeit für das umfangreiche Archiv zuständig ist. Dazu zählen auch die 400 Laufmeter mit Schriftgut, Fotografien, Nachlässen von Familienarchiven und aus den aufgelösten Heimatstuben. Immer wieder werde dieser Schatz von Ahnenforschenden gerade auch aus Polen in Anspruch genommen. Sie interessieren sich für die Historie ihres Wohnortes, berichtet Hirthammer. Bleibt zu wünschen, dass auch die Ausstellung von mehr Menschen gesehen wird. Immerhin liegt Fürstenwalde auf halbem Weg zwischen Berlin und der Neumark.

Markus Nowak

Haus Brandenburg
Parkallee 14, 15517 Fürstenwalde (Spree)
Montag bis Freitag 9 bis 13 Uhr oder n. Vereinbarung