Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte. Eine Rezension von Magdalena Abraham-Diefenbach.
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© Thomas Bruns/BKG

Ist es Zufall, dass in Deutschland und Polen fast zeitgleich, aber unabhängig voneinander, neue Ausstellungen entstanden sind, die sich zum Teil mit derselben Region – Brandenburg östlich der Oder bzw. Woiwodschaft Lebus/Lubuskie als Lebuser Land – beschäftigen? Im Frühjahr 2022 im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) in Potsdam und im Oktober 2020 im Museum des Lebuser Landes (Muzeum Ziemi Lubuskiej) in Grün-berg/Zie­lona Góra.

Vor dieser Szene erlebte Pokora die Schützengräben des Ersten Weltkriegs, aber auch den Aufstieg als Sohn einer oberschlesischen Bergmannsfamilie zum Studenten in Breslau/Wrocław. Möglich gemacht durch die Gunst des Dorfpfarrers, dessen wahre Motive erst am Ende offenbart werden.

Das HBPG hat seinen Fokus auf das 1990 gegründete Bundesland Brandenburg gelegt – sichtbar durch Hinweise auf die Rolle von Manfred Stolpe oder in der Visualisierung des Landes. Hier hat offenbar eine klare Positionierung zum Namen des Hauses stattgefunden – ein Verzicht auf den geschichtlichen Bezug der Region als Zentrum Preußens.

Den historischen Bereich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts markieren kartografische Darstellungen, die auch Gebiete östlich der Oder umfassen. Es tauchen der Begriff »Neumark« oder Städtenamen wie Landsberg an der Warthe/Gorzów Wielkopolski auf. Im kleineren Teil zur Geschichte des 20. Jahrhunderts werden die Grenzverschiebung 1945 und damit der Verlust der Neumark nur spärlich thematisiert. Man findet einen Satz dazu: »Im Mai 1945 endet der Zweite Weltkrieg und mit ihm das NS-Regime. Ehemals brandenburgische Gebiete östlich der Oder gehören nun zu Polen.« Das Thema Flucht und Vertreibung illustriert ein kleiner mechanischer Spielzeugvogel aus Schwiebus/Świebodzin.

Im Museum in Grünberg werden die Grenzverschiebung und der fast vollständige Bevölkerungsaustausch dagegen wesentlich ausführlicher behandelt. Es ist eine tiefgreifende Zwangs- und Verlusterfahrung, die eine Brücke zu den Erfahrungen heutiger Migrantinnen und Migranten schlagen könnte. Wichtig erscheint hier die Frage nach der Bedeutung der Grenzverschiebung, von Flucht und Vertreibung und der Neubesiedlung für die Identität der »Lebuser« und der (seit 1999 existierenden) Woiwodschaft Lebus, die als Lebuser Land definiert wird.

Das HBPG hat dafür keine Sprache und keine Bilder gefunden. Man spürt eine politische Vorsicht – für die seit 1945 polnische Region werden durchgängig zuerst die polnischen Städtenamen verwendet. Vor allem aber spürt man die Auslassung der Geschichte der Ostbrandenburger, die westlich der Oder zwangsumgesiedelt wurden. Das verwundert, zumal in anderen Teilen der Ausstellung Migration als Bereicherung für die Entwicklung des Landes betont wird – wenn es um Hugenotten oder Juden geht. Vielleicht rührt dies daher, dass die Umgesiedelten aus dem Osten und ihre Nachkommen nicht wie in Westpolen fast die gesamte Bevölkerung stellen.

Unterbelichtet bleiben in Potsdam auch die 1970er Jahre und die sogenannte »Grenzöffnung«, die EU-Osterweiterung 2004 und der Schengen-Beitritt Polens. Das Phänomen des Berufspendelns wird ausschließlich als Bewegung zwischen Berlin und dem Umland in einer Medienstation thematisiert. Aus der europäischen Grenzperspektive sieht das ganz anders aus. Ein Blickwechsel würde der sonst ansprechenden und gelungenen Ausstellung guttun.

Spiegel der Geschichte – (östliches) Brandenburg im Museum

Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte

Am Neuen Markt 9, 14467 Potsdam

Di–So 11–18 Uhr, Do 11–20 Uhr