Potsdamer Schüler nahmen an einem Workshop zu der Installation »Eine europäische Odyssee. Königsberg – Oelsnitz/Erzgebirge – Potsdam – Stockholm – Kaliningrad« teil
Stephanie Wehrfritz
1
Während der Einführung in die Geschichte des Zweiten Weltkrieges überraschten die Schülerinnen und Schüler durch ihr Vorwissen.
Anhand von Fotografien und kleinen Texttafeln führen »Anna«/Dorothea Bjelfvenstam und Hanna Sjöberg die Schülerinnen und Schüler durch die Kunstinstallation.
In der Fragerunde gab es Gelegenheit, die gesammelten Eindrücke zu verarbeiten und Fragen an »Anna«, Dorothea Bjelfvenstam zu stellen.
Die Klasse 5L der Voltaireschule Potsdam mit ihrem Lehrer Klaus-Dieter Jänicke, mit Dorothea Bjelfvenstam und Hanna Sjöberg sowie den Mitarbeitern des Deutsche Kulturforums östliches Europa.

Der Workshop wurde vom Deutschen Kulturforum östliches Europa, dem Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte und der Voltaireschule Potsdam durchgeführt.

Erinnerung – vieles weiß man, vieles ist Fantasie: mit diesen Worten beginnt die Kunstinstallation der Lebensgeschichte von Anna. Anna, die fiktive Protagonistin, wurde in Königsberg geboren und 1944 als Elfjährige über die Kinderland­verschickung aus der von Bombenangriffen bedrohten Stadt nach Oelsnitz im Erzgebirge gebracht. Nach Kriegsende holte ihre Mutter sie dort ab; beide gingen nach Potsdam, der nächsten Station im Leben der Anna. Annas Geschichte steht exemplarisch für das Schicksal vieler Menschen ihrer Generation, die durch Krieg, Flucht und Vertreibung ihre Heimat verlassen mussten.

Am Dienstag, dem 13. April 2010, besuchten 28 Schülerinnen und Schüler der Klasse 5L der Voltaireschule Potsdam mit Ihrem Lehrer Klaus-Dieter Jänicke die Installation der schwedischen Künstlerin Hanna Sjöberg. Diese ist dem Zyklus von Annas Leben nachempfunden – vier Lebensstationen, die die Kinder mit »Anna«, das heißt mit Dorothea Bjelfvenstam, deren eigene Biografie die Grundlage zu der Installation bildet, symbolisch nachreisten. Dabei standen die Stationen Königsberg, Oelsnitz und Potsdam im Vordergrund. Nach einer kleinen Einführung in die Geschichte des Zweiten Weltkrieges und die Stadtgeschichte Königsbergs/Kaliningrads, in welcher die Schülerinnen und Schüler durch ihr Geschichtswissen überraschten, begann die Reise.

»Anna« und Frau Sjöberg begleiteten die Kinder, die heute ungefähr in dem Alter sind, in dem Anna ihre Heimatstadt verlassen musste, anhand von Fotos, Anekdoten und Erzählungen durch Annas Kinder- und Jugendjahre. Die schönen Kindheitserinnerungen, wie das Tanzen der Hände der kleinen Anna auf des Großvaters Füßen beim Betätigen der Klavierpedale, waren jäh vom Kriegsausbruch überschattet worden. Aber auch dieser wurde mit Annas Kinderaugen betrachtet: Spielen in den Bombenlöchern, die brennende Stadt, das Leid, der Schrecken, Papiere für die Landverschickung erhaschen, die Uniform, das Singen, die Propaganda im Lager. Die Kinder hörten gebannt zu, betrachteten Fotografien, lasen die Texte und stellten rege Fragen an »Anna«. Aber auch »Anna« stellte Fragen: Wie fühlt man sich, wenn keine Post von den Eltern kommt? Was macht man, wenn man Hunger hat, aber nichts zum Essen? Was spielt man als Kind ohne Spielzeug? Die Kinder antwor­te­ten oft mit Erfahrungen ihrer Großeltern – der Generation Annas.

An der dritten Station des Vormittags, in der Fragerunde, saß die Klasse um »Anna« herum. Was ist mit Ihrer Mutter passiert? Wie lange haben Sie sie nicht gesehen? Sind auch Kinder aus dem Lager ausgebrochen? All diese Fragen beantwortet »Anna« und erzählt auch über Ihre Zeit in Schweden nach dem Krieg. Zu den Erzählungen ihrer Großeltern nahmen die Kinder so eine weitere Lebens­geschichte der Kriegsjahre mit nach Hause. Und auch der Kontakt mit »Anna« wird weitergehen – die Schüler werden ihr schreiben, weitere Fragen stellen und Geschichten erzählen, die sie von ihrer Familie erfahren haben.

Am Schluss fragte »Anna« die Kinder: Sollte man diese schlimmen Geschichten Kindern überhaupt erzählen? Die Kinder antworteten mit »ja«: denn es sei die Verantwortung der heutigen Generation, aus der Geschichte zu lernen.

weitere Bilder