Hopfenland im Elbe-Saale-Winkel
Grünes Gold aus Prosigk – Vertriebene aus Böhmen bringen 1945 den Hopfen nach Sachsen-Anhalt

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Er ist ein Kind des Kalten Krieges – der Hopfenanbau in Sachsen-Anhalt. Noch vor 75 Jahren wächst hier keine Dolde. Heute zählt die Landschaft zwischen Halle, Köthen und Bernburg zu den größten Hopfen-Anbaugebieten Europas. 1945 bringen ihn böhmische Vertriebene aus der Tschechoslowakei in den Elbe-Saale-Winkel mit und züchten ihn, mehr aus Sentimentalität in ihren Gärten.

Das ändert sich mit der Gründung der DDR. Denn ab 1949 sind die ostdeutschen Bierhersteller von ihren traditionellen Hopfen-Lieferanten in Bayern abgeschnitten. Die DDR benötigt dringend eigenen Hopfen, um die Versorgung der Bevölkerung mit Bier sicherzustellen. Und so geht man auf die böhmischen Vertriebenen zu. »Doch viele sträubten sich. Denn eigentlich wollte den Hopfen niemand gern machen. Es ist ein riskantes und kompliziertes Geschäft, alles ist pure Handarbeit bei Wind und Wetter«, erzählt Alfred Regner, Hopfenbauer in Prosigk. Letztendlich katapultiert ein Beschluss der DDR-Regierung den Anbau in die Höhe. Viele Landwirtschaftsbetriebe werden verpflichtet, Hopfen anzubauen.

Ende der 1960er Jahre gehört die DDR bereits zu den bedeutendsten Hopfenproduzenten der Welt. Mit über 13 Dezitonnen pro Hektar liegt sie sogar über dem internationalen Durchschnitt und nutzt Überkapazitäten als lukratives Devisengeschäft. Zumindest beim Hopfen gibt es in der DDR keinen Mangel, auch wenn sich bis heute andersartige Gerüchte hartnäckig halten. »Es wurde keine Rindergalle verwendet. Das ist definitiv ein Märchen. Aber es wird noch immer von vielen Menschen so erzählt. Das kommt daher, dass man schon zu DDR-Zeiten keine Dolden, sondern Hopfen-Extrat verwendet hat. Und der war in Dosen und sah dunkelgrün aus, genauso wie Rindergalle«, sagt Petra Haase, Geschäftsführerin der Colbitzer Heide-Brauerei.

1990, nach der Einheit Deutschlands, prognostizieren Fachleute, dass es in zwei Jahren keinen Hopfenanbau in den neuen Bundesländern mehr gibt. Zu stark sei die Konkurrenz vor allem aus Bayern. Doch viele Betriebe schaffen den Sprung in die freie Marktwirtschaft. Auch die Hopfen-Bauern aus Prosigk. Ihr Betrieb zählt heute zu den größten in ganz Deutschland. Das liegt auch daran, dass in den USA der Hopfen knapp wird. »Das Interesse an Hopfen nimmt derzeit stark zu, vor allem durch das Craft-Beer-Segment. Dadurch wird die Nachfrage auf dem Weltmarkt mengen- und sortenmäßig mehr und mehr durch diese Bierbranche bestimmt«, weiß Peter Hintermeier, Vorsitzender des Deutschen Hopfenwirtschaftsverbands e.V. Wenngleich Craft Beer nur acht Prozent des gesamten US-Bierkonsums ausmacht, verbrauchen seine Macher fast zwei Drittel der Hopfenernte. Denn die aromastarken Biere benötigen bis zehnmal mehr Hopfen als die Klassiker. Und so geht auch ein Großteil der Ernte aus Sachsen-Anhalt mittlerweile nach Amerika.

Die Reportage begleitet ein Jahr lang den Hopfenanbau in einem der größten Hopfenbetriebe Deutschlands und beleuchtet die Wege des »grünen Goldes« aus Sachsen-Anhalt in die ganze Welt.

Ein Film von Peter Simank, 2020, ca. 45 Min.

Hopfenland im Elbe-Saale-Winkel
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